Ethik in der öffentlichen Kommunikation

Mehr als 130 Wissenschaftler, Entscheider aus der Kommunikationsbranche und Studierende folgten der Einladung der Universität Leipzig zu einem Akademischen Symposium anlässlich des 65. Geburtstages von Professor Dr. Günter Bentele am 19. April 2013 im Mediencampus Villa Ida in Leipzig. Unter dem Leitmotiv „Ethik in der öffentlichen Kommunikation“ ging es um Fragen der Begründung und der moralischen Implikationen professionellen Handelns in Medienberufen und in der Wirtschaft.

Rektorin Beate A. Schücking eröffnete das Symposium mit  dem Hinweis, dass die Themenstellung in dreifacher Weise bemerkenswert und wichtig sei. Erstens unterstreiche das Thema das wesentliche Merkmal der Universität: die ganzheitliche Betrachtung und Analyse von Fragestellungen, die die ganze Gesellschaft bewegen. Die normativen Herausforderungen öffentlicher Kommunikation im Zeitalter sozialer Medien betreffen nicht nur die Kommunikationswissenschaft, sondern alle Disziplinen. Der interdisziplinäre Dialog dei deshalb hier besonders wichtig. Zweitens, so die Rektorin, sei das Thema bedeutsam, weil es die Brücke zwischen Theorie und Praxis schlägt. Im Kern gehe es nicht nur um die Ethik als Morallehre und um Orientierungen für richtiges Handeln in der Mediengesellschaft, sondern auch um die faktische Moral derer, die in Journalismus, Werbung, Public Relations und Online-Kommunikation unsere Wahrnehmung von Wirklichkeit beeinflussen. Das münde die Frage nach der Verantwortung für Aufklärung und Ausbildung der nächsten Generation, der man sich stellen müsse. Drittens gehe es laut Professor Schücking bei der Ethik der öffentlichen Kommunikation um eine Fragestellung, die eines der wesentlichen Forschungsgebiete von Günter Bentele berührt. Er sei, so die Rektorin, für die Universität Leipzig in vielfacher Weise wertvoll und unverzichtbar. Der von ihm seit 1994 aufgebaute Bereich Public Relations wurde schnell profilbildend für das Leipziger Institut. Die Nachfrage der Studierenden nach dem attraktiven Studiengebiet kann kaum befriedigt werden. Es gelang es ihm, zusammen mit Stiftungs- und Honorarprofessoren, Mitarbeitern und vielen Lehrbeauftragten das zunächst schmalbrüstige Teilgebiet zum forschungs- und drittmittelstärksten Bereich des Instituts auszubauen. Daneben wirkte er auf europäischer und deutscher Ebene als Vorsitzender von Fachgesellschaften. Als erfolgreicher Wissenschaftsmanager sei Günter Bentele in schwierigen Zeiten des Übergangs ein Glücksgriff für die Leipziger Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie die er seit nunmehr fast drei Jahren als Dekan leitet.

Um die Ethikfähigkeit und Ethikwilligkeit von Public Relations drehte sich die Podiumsdiskussion, für die fünf namhafte Professoren als Experten gewonnen werden konnten. Bernhard Debatin von der Ohio University in Athens, USA, beantwortete die Frage nach der Ethikfähigkeit der PR mit einem „klaren Jein“. Es gehe nicht mehr um Glaubwürdigkeit oder Manipulation in der öffentlichen Kommunikation. Stattdessen forderte Debatin eine PR-Ethik, die „Authentizitätskriterien“ guter PR benennt. Barbara Thomaß, Journalistikwissenschaftlerin an der Universität Bochum, mahnte eine internationale Perspektive an. Öffentliche Kommunikation weltweit sei häufig nicht mit unseren Vorstellungen zu vereinbaren, so Thomaß. International relevante Kommunikationsethik müsste als „Vielfaltsethik“ die interkulturellen Rahmenbedingungen immer mitbedenkt. Aber auch bei uns, das machte Andreas Suchanek von der HHL Graduate School of Management in Leipzig deutlich, stellt sich die  „Vertrauensfrage“. Öffentliche Kommunikation könne nur dann Vertrauen und moralische Anerkennung finden, wenn strategische Kommunikation auch die ökonomischen Interessen der Auftraggeber nachvollziehbar mache, betonte der Wirtschaftsethiker. Wolfgang Langenbucher schließlich, Grandseigneur der Kommunikationswissenschaft aus Wien und Vorsitzender des PR Ethikrats in Österreich, wies auf die Grenzen der Ethiktheorie in der Praxis hin. „Getrieben zwischen Auftraggeber und Journalismus“, so Langenbucher, brauchen PR-Profis vor Ort klare Regeln, die für den gesunden Menschenverstand einleuchtend und praxisrelevant sind. Die Moderation übernahm der Medienethiker Matthias Rath von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.

Günter Bentele unterstrich in seinem Vortrag die Bedeutung der Wahrheit als wichtigstem Wert und des Wahrhaftigkeitsgebotes als wichtigster Norm für das Funktionieren öffentlicher Kommunikation. Größere Transparenz der öffentlichen Kommunikation herzustellen sei ein Wert, der in unserer Gesellschaft innerhalb der letzten 15 Jahre deutlich wichtiger geworden sei. „Transparenz muss aber noch diskutiert werden, muss sich entwickeln und steht noch vor großen Herausforderungen. Diese beiden Werte sind entscheidend, um das für unser Zusammenleben so wichtige Vertrauen in Organisationen und gesellschaftliche Systeme, das heute ja meist öffentlich vermittelt wird, aufrechtzuerhalten beziehungsweise dort wieder herzustellen, wo es in Krisen steckt oder verloren gegangen ist“, so Bentele.

Die Leistungen von Günter Bentele für die deutschsprachige Kommunikationswisenschaft und speziell für die Forschung im Bereich Kommunikationsmanagement und Public Relations wurden von Oliver Quiring, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft, gewürdigt. Quiring verwies auf die Verdienste Bentele als langjährigem Vorsitzenden des Wissenschaftsverbandes und einer seiner aktivsten Fachgruppen hin. Gerhard Vowe von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf schloss das Symposium mit einer launigen Laudatio ab. Er präsentierte 20 erste Sätze aus den Publikationen von Günter Bentele und zeigte auf, wie viele Facetten dieser als Autor hat: „Da stößt man beispielsweise auf Günter Bentele den Kärrner, Günter Bentele den Kümmerer, Günter Bentele den Fallensteller und Jäger und auf viele andere Günter Benteles mehr“, so Vowe in seiner unterhaltsamen und geistreichen Rede. Das Symposium schloss mit einer informellen Abendveranstaltung und intensiven Gesprächen in der Villa Rosental in Leipzig-Gohlis ab.

Das Programmheft des Symposiums ist hier verfügbar (PDF, 20 Seiten):

SYMPOSIUM 19 APRIL 2013 – PROGRAMM